Hier also der zweite Teil meiner Anreisegeschichte. Der erste Teil endete mit dem Aussteigen aus dem Flugzeug. Hier geht es also dann auch weiter:
Der erste Weg fuehrte mich natuerlich erstmal durch die Passkontrolle. Die lief erstaunlich schnell ab, nach wenigen Minuten (inklusive Anstehen) war ich durch, der eigentliche Check dauerte nichtmal eine Minute. Die kurze Zeit nutzte ich aber, um mir den Raum etwas anzugucken. Ziemlich runtergekommen. Es sah alles so aus, wie man das von einem indischen Flughafen erwartet haette. Das setzte sich uebrigens auch ausserhalb des Raums mit den Passkontrollen fort. Also zum Beispiel im Gepaeckabholraum, in den es als naechstes ging. Mein Gepaeck kam sehr schnell und unversehrt, obwohl ich – wie mir beim Warten einfiel – vergessen hatte, den Koffer zu verriegeln. Mein Koffer hat naemlich ein Zahlenschloss und zwei zusaetzliche Riegel, die das unbeabsichtigte Oefnnen verhindern sollen. Mir schwirrten schon Bilder meiner Sachen verteilt ueber das halbe Bangalorer Rollfeld durch den Kopf, deswegen war ich besonders froh, als der Koffer dann unversehrt auf dem Band angefahren kam.
Mit dem Koffer im Schlepptau ging ich dann erstmal meine letzten 20 Euro in Rupien wechseln. 980 Rupien (wer zu faul zum rechnen ist: 1:50 ist der ungefaehere Kurs) reicher ging es raus, in der Hoffnung, dass mein Fahrer die gute Stunde, die ich zu spaet kam, gewartet hatte. Er hatte. Es stand zwar “Mr Thomas Lootzer, SAP Labs India” auf dem Schild, aber bei stimmendem Vornamen und Firmennamen nahm ich den nicht ganz passenden Nachnamen inkauf. Mit ihm (und einem Kofferzieher, der mein Gepaeckwaegelchen schob) ging ich dann nach draussen, wo er vorlief um sein Auto zu holen. Recht schnell kam er dann in einem weissen Kleinwagen (Lupo-Format) angefahren. Wir verstauten mein Gepaeck auf dem Ruecksitz (in den Kofferraum passte mein Koffer nicht) und fuhren los. Ich war froh, dass jetzt alles vorbei war. Ich rechnete mit ner halben Stunde Fahrt zum Guesthouse, wo ich dann in mein Zimmer fallen wuerde und schlafen wollte. Dieser Traum wurde mir schnell durch seine erste Frage kaputtgemacht: “Where is the guesthouse?”
Offensichtlich wusste der Fahrer nicht mehr als ich. Naemlich dass es zum Guesthouse von SAP gehen sollte. Wo das war, war uns beiden unklar. Immerhin der Stadtteil war ihm bekannt. Mir fiel dann, nach ein paar Schockseunden, ein, dass ich eine gezeichnete Umgebungskarte des Guesthouses hatte. Diese kramte ich aus dem Rucksack und sagte dem Fahrer, wo das Guesthouse war. Ich hatte den Namen einer grossen Strasse neben dem GH und einen Hotelnamen an dieser Strasse. Damit gewappnet fuhren wir dann in das entsprechende Viertel und der Fahrer fragte einfach jeden auf der Strasse, wo das Hotel bzw. die Strasse sei. So kamen wir nach nur einer Stunde am Guesthouse an.
Bevor ich aber vom Guesthouse erzaehle, muss ich ein paar Worte zum indischen Verkehr schreiben. Ich wurde vor ihm gewarnt. Mehrfach. Aber ich verstehe nicht, warum. Jedenfalls solange man nicht auf die Idee kommt, selbst aktiv teilzunehmen. Als Beifahrer ist der Verkehr lustig, sofern man dem Fahrer ein gewisses Vertrauen entgegenbringt. Und die Hupe funktioniert. Die Hupe ist der wichtigste Teil eines indischen Autos. Wenn wir Deutschen blinken hupen die Inder. Wenn wir bremsen hupen die Inder. Wenn wir gas geben hupen die Inder. Wenn wir einfach gar nichts machen hupen die Inder. Das ist die wichtigste Lektion die man lernen muss, wenn man hier faehrt. Kurz danach: Breite des Autos / Breite der Strasse = Anzahl der Fahrzeuge nebeneinander. Spuren? Braucht keiner. Konsequenterweise sind sie auf quasi allen Strassen nicht eingezeichnet. Wenn man den Verkehr in die verschiedenen Richtungen trennen will, so braucht man eine Barriere. Eine Linie reicht nicht, eher eine Leitplanke oder ein Gruenstreifen. Theoretisch herrscht hier Linksverkehr, was sich aber nur darin aeussert, dass man meist links am entgegenkommenden vorbeifaehrt. Wenn niemand kommt faehrt man mittig auf der Strasse oder halt da, wo die Strasse am wenigsten Schlagloecher hat.
Aber zurueck zur Ankunft beim Guesthouse. Kaum das wir vor dem Guesthouse angehalten hatten stand der Sicherheitss-Mitarbeiter davor auf und oeffnete das Tor. Ich unterschrieb dem Fahrer, dass er mich gefahren hatte, und ging nach drinnen. Dort wurde ich vom Manager des Hauses begruesst. Mein kleiner, bescheidener Traum: Mit den Worten “Good evening. We were expecting you earlier. Did you have a pleasent trip? Your room is room number xy, let me show you the way.” begruesst zu werden. Aber, wie das mit Traeumen halt so ist: Es sind Traeume. Die reale Antwort war eher in Richtung: “Hi. Who are you? We have no reservation under that name.”
Ich war dann doch ein wenig gefrustet. Aber es war halb 4 Morgens, ich war seit fast 20 Stunden wach und hatte davor nur 3 Stunden geschlafen – ich war also zu muede um mich aufzuregen. Ich fragte den Manager, ob er sicher sei und was wir nun machen koennten. Er war sicher. Aber er war auch nett, und hat mir einen Raum zugewiesen, der frei war. Erstmal, bis zum Morgen, wo wir dann mit seiner Chefin sprechen wollten. Also ging ich in das Zimmer, schaltete die Klimaanlage an um es von 25 auf 21 Grad zu kuehlen und die Luftfeuchtigkeit zu reduzieren und legte mich aufs Bett. Nur ging das mit dem Schlafen dann doch nicht so einfach, das fehlende Zimmer hatte dem chaotischen Tag den Rest gegeben. Irgendwann gegen 5 schlief ich dann aber doch ein.
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Super. Indien.
Gerade dass der Fahrer nicht wusste wo du hin musst und auch dass die Reservierung verpeilt war. Das ist Indien. ich wünsch dir viel Spass im Job 😉