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Tod eines Schauspielers

Gestern ist hier in Bangalore Rajkumar gestorben. Rajkumar war ein beruehmter Schauspieler, der in rund 200 Filmen mitgespielt hat. Im Buero kam ein Kollege zu mir und hat mir gesagt, ich solle den Bus um 5 nach Hause nehmen und das Guesthouse nicht mehr verlassen, es waere auf den Strassen nicht sicher. Meine erste Ueberlegung: Wurde er umgebracht? War er religioeser Fuehrer? Nein, weder noch. Er war 78 Jahre alt und ist an einem Herzinfarkt gestorben! Um kurz vor 5 kam dann eine Durchsage, dass man um 5 doch bitte gehen solle. Um 5:15 wuerden die letzten Shuttle-Busse fahren, wer mit nem Privatwagen hier ist sollte bis 5:30 vom Gelaende sein. Heute, also am naechsten Tag, sei vorerst mal damit zu rechnen, dass das Buero offen ist, aber man solle doch vorher anrufen. Auf dem Weg nach Hause bemerkten wir vor allem deutlich merh Verkehr, vor allem weil alle Firmen mehr oder weniger evakuiert zu werden schienen. Ueberall standen jede Menge Busse. Allerdings sahen wir keine Ausschreitungen, dafuer waren alle Laeden geschlossen. Im Guesthouse angekommen sprachen wir dann mit anderen Bewohnern und die erzaehlten uns, dass bei ihnen schon brennende Reifen auf der Strasse lagen…

Im Fernsehen war aber auch nur von vereinzelten Ausschreitungen die Rede, im Wesentlichen sei die Stadt einfach nur traurig. Es wurde Staatstrauer fuer einige Tage ausgerufen. Ein Anruf bei der eingerichtete Emergency Hotline im Buero brachte dann die Aussage, dass das Buero offen sei, aber die Shuttles nicht fahren wuerden. Ich habe mir dann jemanden gesucht, der ein Auto zur Verfuegung hat und wurde von dem mitgenommen. Im Buero angekommen erfahre ich dann, dass heute Feiertag ist und ich gar nicht haette herkommen muessen – und jetzt bin ich hier im Wesentlichen allein. Aber es ist auch noch vor 8 Uhr, also koennte sich das noch aendern.

Indische Apotheken

Vermutlich waehrend meiner Goa-Reise habe ich mir eine Erkaeltung eingefangen, die sich bis auf ein bisschen Schnupfen und vor allem Husten schon wieder weg ist. Weil der Husten aber recht hartnaeckig ist habe ich mir gestern Hustensaft in der Apotheke geholt. Apotheken sind hier voellig anders als bei uns. Meist sind sie keine Geschaefte, in die man gehen kann, sondern die Theke ist direkt am Strassenrand. Dort bin ich zum Angestellten gegangen und habe Hustensaft bestellt. Er stellte mir eine Flasche Hustensaft und eine Packung Tabletten auf die Theke. Beides ohne Verpackung, die Tabletten nur in den Blisterpackungen, die Flasche Hustensaft einfach so. Einen Beipackzettel gibt es nicht. Der Apotheker sagte mir noch, wie viel ich jeweils nehmen musste und ich bezahlte. Erst heute Morgen habe ich mir die Tabletten dann mal genauer angeguckt und dabei fiel mir dann auf, was das ist, was ich dabekommen hatte: Amoxicillin. Nicht schlecht fuer bestellten Hustensaft. Ich habe die Tabletten erstmal zu Hause gelassen und belasse es bei Hustensaft…

Beide Medikamente, also auch der Hustensaft, sind uebrigens als verschreibungspflichtig gekennzeichnet.

Gewoehnung

Zwei Wochen bin ich jetzt schon in Bangalore. Zwei Wochen staubige Strassen, stinkende Abfallberge und krasser Verkehr – aber auch zwei Wochen sehr nette Leute, sehr gutes Essen, schoenes Wetter und viele spannende neue Erfahrungen. Und der positive Teil ueberwiegt ganz klar. Und, was mich wundert: Die negativen Teile werden nicht nur vom positiven Aufgewogen, sie fallen einfach weg. Der Verkehr, den ich anfangs sehr extrem fand, faellt mir kaum noch auf. Selbst in Rikschas in der Innenstadt bringt mich nichts aus der Ruhe. Hupen hoere ich kaum noch und dass zum naechsten Auto teilweise keine 15 cm fehlen (waehrend der Fahrt! An der Ampel sinds keine 5) ist halt normal geworden. Die staubigen, dreckigen Strassen sehe ich kaum noch, nur die Schlagloecher fallen noch ab und zu auf. Insgesamt gewoehne ich mich zunehmend an das indische Leben. Natuerlich ist hier vieles anders – aber das ist auch gut so. Wenn ich deutsches Leben haette behalten wollen, haette ich auch in Deutschland bleiben koennen…

Restaurantfuehrer durch Bangalore

Das Wochenende war von Restaurants gepraegt. Freitag ging es ins Olive Beach, ein mediterranes Restaurant hier in Bangalore. Ich habe einen Salat und danach eine Pizza gegessen. Der Salat war sehr gut, die Pizza aber nur mittelmaessig. Der Teig war viel zu fest, am Rand konnte man ihn problemlos zerbrechen. Aber die anderen waren vom Essen begeistert, also werde ich da beim naechsten Besuch einfach keine Pizza essen. Trotzdem war es ein sehr gutes Restaurant, was man bei dem Preis auch erwarten kann. Rund 1.000 Rupien (20 Euro) fuer ein Abendessen sind fuer indische Verhaeltnisse extrem teuer.

Samstag ging es dann ins naechste Restaurant, das Hypnos. Eigentlich ist das Hypnos eine Cocktailbar, die aber auch exzellentes Essen serviert. Wir waren schonmal im Hypnos, es ist naemlich gleich angrenzend an das Samarkand, das ich am ersten Wochenende schon besucht habe. Die beiden Restaurants teilen sich die Kueche und die Toiletten. Im Hypnos gab es sehr leckere frittierte Mozarella-Scheiben als Vorspeise und danach Pfeffersteak. Und was fuer eins. Richtig gutes, leckeres Fleisch in sehr leckerer Sauce. Dazu Brot und etwas, was ein bisschen nach Reibekuchen aussah, aber anders schmeckte – auch sehr lecker.

Nach dem Hypnos ging es zu Sundeep (so wird der Name gesprochen, ob er sich auch so schreibt weiss ich leider nicht), wo wir auf dem Dach seines Hauses sassen. Leider waren wir nicht allein – ca. 1 Mio Muecken fanden das Hausdach auch sehr schoen. Nach wenigen Minuten wurden Raeucherstaebchen gegen Muecken geholt, die aber nur bedingt halfen. Ausserdem waren wir alle schon ziemlich zerstochen. Wir gingen also nach einer halben Stunde dann vom Dach weg und in Sundeeps Zimmer, wo wir aber auch nicht sehr lange blieben, weil wir sehr muede waren. Wir wurden von Freunden von Sundeep dann nach Hause gefahren – mit 6 Leuten in einem Auto, dass etwa die Groesse eines VW Polo hat.

Sonntag sind wir zum Beach gefahren. Das Beach ist ein Restaurant, original mit Palm-Staemmen als Tischen und Stuehlen, einem kleinen Strand am Wasser (Teich…) mit Wellen und Sand als Boden. Hier gab es fuer mich Lamm mit Gemuese in einer sehr leckeren Sauce. Ein wenig scharf, aber auch fuer Westeuropaer noch vertraeglich. Auch hier war das Essen sehr gut. Gleich zu Beginn des Besuchs fiel der Strom fuer einige Minuten aus, interessanterweise war es dadurch nur dunkel, nicht leise. Die Anlage war scheinbar an eine Notstromversorgung gekoppelt, die Beleuchtung offensichtlich nicht. Leider wechselte die Musik vom Anfangs laufenden Chill-House auf Pop und schliesslich auf Live-Musik. Live-Musik ist natuerlich eigentlich schoen – aber muss James Last wirklich sein?

Wochenende

Dieses Wochende war nicht besonders produktiv. Samstag und Sonntag sind Kirstin und ich (zusammen mit Klaus und zwei aelteren normalen Angestellten, mit denen wir nichts zu tun haben, waren wir die einzigen, die im Guesthouse waren) shoppen gegangen. Eine Hose und ein Mueckenvernichtungsmittel sind fuer mich dabei rausgesprungen. Eigentlich war geplant, sich den Palast hier in Bangalore anzugucken – bis uns am Samstag beim Mittagessen (zu dem wir von einem indischen Arbeitskollegen von Kirstin zu einem Italiener eingeladen wurden) aufgefallen ist, dass wir weder wussten, wo der war noch wie er offiziell hiess. Und mit “Palace” konnte der Inder nichts anfangen, also erwarteten wir nicht, dass Rikscha-Fahrer damit wirklich mehr anfangen konnten.

Auf dem Rueckweg vom Samstags-Shopping hatten wir mal wieder Spass mit einem Rikscha-Fahrer. Wir gingen zu ihm, sagten ihm, wo wir hin wollten und er nickte. Also eingestiegen und los. Er machte jedoch keine Anstalten, sein Meter anzuschalten. Wir also: “Turn on your meter” “no, (wirres halb-englisch)” “Either turn on your meter or stop” “no, (wirres Zeug)” – so ging das einige hindert Meter. Dann wollte er einen Festpreis hoeren. Also bot ich ihm 30 Rupien. Er lehnte ab (normalerweise kostet die Strecke etwa 40-45 Rupien). Also sagten wir, er solle halt das Meter anschalten. Das tat er dann – jedenfalls drehte er am Schalter dafuer. Das Meter ging aber nicht an. Das wusste er auch, also sagte er: “See, no meter…”. Aber auf Festpreisverhandlungen wollten wir uns nicht einlassen, also sagten wir ihm wieder, dass er stoppen sollte. Das tat er dann auch – und wollte ploetzlich 10 Rupien fuer die Strecke, die wir waehrend der Verhandlungen gefahren waren. Das fanden wir eher lustig und stiegen einfach aus und gingen zum naechsten Fahrer. Der nahm uns zwar nicht mit, aber der danach nahm uns ohne zicken mit und schaltete sofort sein Meter ein, ohne ueberhaupt erst zu fragen. Warum nicht gleich so?

Service in Bangalore

Wie ich schon geschrieben hatte, waren wir gestern im 13th floor. Dort habe ich den Hoehepunkt des Service erlebt. Ich war auf Toilette und ein Angestellter des Restaurants stand dort neben dem Waschbecken. Als ich auf das Waschbecken zukam drehte er das Wasser auf, so dass ich meine Haende waschen konnte. Als ich dann meine Haende gewaschen hatte, nahm er einige Papiertaschentuecher aus der entsprechenden Box und gab sie mir. Wie ich nachher erfahren habe, hat er jemandem sogar die Seife gegeben, also er hat auf den Spender gedrueckt, als derjenige die Haende unter der Ausgabeoeffnung hatte.

Grundsaetzlich muss man sich an die Menge des Services, die man hier erlebt, erst gewoehnen. Im Guesthouse wird fuer uns gespuelt, aufgeraeumt und geputzt. Benutzte Glaeser kann man einfach stehen lassen, sie werden recht schnell weggeraeumt, gespuelt und wieder in den Schrank gestellt. Beim Fruehstueck muss man sich nur hinsetzen und bekommt Toast gebracht. Wenn man was anderes moechte, muss man das nur sagen. In Restaurants bekommt man Getraenke grundsatzlich in geschlossenen Flaschen, die am Tisch geoeffnet werden (wegen der bekannten Hygieneprobleme). Dass einem dann auch eingeschenkt wird ist ja noch verstaendlich. Dass die Kellner einem aber fast die Flasche aus der Hand reissen, wenn man sich selbst spaeter nachschenken will, wuerde man in Deutschland nicht unbedingt erleben…

Riksha-Rennen

Gestern wurde zum zweiten Mal der Geburtstag eines Guesthouse-Bewohners gefeiert. Im 13th floor, einem Club im 13 Stockwerk (Wer haette das gedacht…) eines Hochhauses hier. Sehr schoener Club, man konnte von dort ueber halb Bangalore gucken, das Essen war gut, die Musik auch ok. Natuerlich war die Feier um 23 Uhr vorbei, denn so ist hier nunmal die Gesetzeslage. Also mussten wir danach von dort zum Guesthouse fahren. Wie ueblich also auf zu den Rikshas und verhandeln. Eigentlich ist Abends das anderthalbfache des auf dem Meter angezeigten Preises zu bezahlen, aber viele Fahrer versuchen mehr zu nehmen. Forderungen von 250 Rupien fuer Strecken, die laut Meter nur 35 kosten, sind durchaus nicht unueblich. Wenn man das natuerlich weiss, hat man ne gute Position – auch weil man halt einfach gehen kann nud die naechste nehmen kann, denn an Rikshas mangelt es hier nun wirklich nicht. Aber das Verhandeln ging diesmal sehr schnell – eine Riksha hatten wir sofort, die zweite (Wir waren ja immerhin 5 Leute. Man kann zwar auch mal zu fuenft in eine Riksha, aber das ist nicht mehrwirklich bequem. Solche Rikshas sind naemlich etwa so gross wie ein Smart) fanden wir auch nach wenigen Sekunden. Also ging es los – und unsere Fahrer hatten Spass. Sie sind durch Bangalore geheizt und haben sich ein kleines Rennen geliefert.

Nach einigen Minuten standen wir an einer Ampel und haben Meter verglichen. Unseres zeigte 35 Rupien, das andere war bei 50. Natuerlich waren wir die gleiche Strecke gefahren, das 50er-Meter ging also wohl falsch. Aber auch in solchen Situationen kann man gut diskutieren, also ist das nicht schlimm – nur ohne Vergleich hat man einen schweren Stand.

Kurz nach dem Vergleich ging das Rennen aber schon weiter. Ich kenne mich hier noch nicht wirklich auf, aber mein Mitfahrer wunderte sich ploetzlich darueber, wo wir denn waren. Er fragte den Rikshafahrer, und kaum war der langsamer geworden um zu reden ueberholte uns die andere Riksha, hielt an und wir hoerten deren Diskussionen mit dem Fahrer, dass er voellig falsch gefahren sei. Wir waren an einer Kreuzung nicht abgebogen, an der wir haetten abbiegen sollen. Also drehten wir um. Ab hier ging es dann gemuetlich (fuer Bangalorer Verhaeltnisse) nach Hause. Dort angekommen zeigte unser Meter ca 75 Rupien. Wir gaben dem Fahrer 150, die anderen nur 100. Ich haette auch eher zu 100 tendiert (Wegen verfahren), aber mein Mitfahrer drueckte dem Fahrer einfach 150 in die Hand und damit hatte sich die Sache erledigt.